Jonglieren verändert das Gehirn
[Kognitionswissenschaft]

Regensburg/Jena - Lernen kann im Gehirn zu anatomischen Veränderungen führen. Dies berichtet ein Forschungsteam der Universität Regensburg und der Universität Jena im Fachmagazin "Nature". Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass bereits ein kurzzeitiges Jongliertraining zu einer Zunahme der so genannten grauen Substanz führte. Die Forscher schließen daraus, dass vor allem die Wahrnehmung und die gedankliche Vorwegnahme der räumlichen Bewegung, die beim Jonglieren wichtig sind und hierbei geschult werden, die Zunahme der grauen Substanz bewirken. Bisher ist man davon ausgegangen, dass Lernen nur funktionale Veränderungen im Gehirn herbeiführen kann.

Das Team um Arne May von der Universität Regensburg teilte 24 Freiwillige (21 Frauen, 3 Männer) im Alter von etwa 22 Jahren in zwei Gruppen: Die eine Gruppe erhielt ein dreimonatiges Jongliertraining mit drei Bällen. Die andere Gruppe bildete die Kontrollgruppe und erlernte nicht die Jonglierkunst. Zu Beginn des Experiments scannten die Forscher das Gehirn der Probanden mit Hilfe der Magnetresonanz-Tomographie, um sicher zu gehen, dass nicht jemand schon besondere Auffälligkeiten aufwies. Ein zweiter Gehirnscan erfolgte unmittelbar nach Abschluss der Trainingsphase. Ein dritter Scan wurde drei Monate nach Abschluss des Trainings gemacht. Arne May und seine Kollegen stellten dabei sicher, dass nach dem dreimonatigen Training niemand mehr in irgendeinem Zusammenhang seine Jonglierkenntnisse nutzte oder weiter ausbaute.

Vor dem Experiment wies keine der Versuchspersonen anatomische Besonderheiten im Gehirn auf. Nach Abschluss des Trainings zeigte sich bei der Jongleur-Gruppe bereits eine Zunahme der grauen Substanz im mitteltemporalen Areal sowie im linken posterioren interparietalen Sulcus. Bei der Kontrollgruppe zeigten sich keine Veränderungen. Drei Monate nachdem die Jonglier-Fähigkeit nicht mehr aktiviert worden war, bildete sich die graue Substanz wieder zurück. Daher gehen die Forscher davon aus, dass die Veränderung ausschließlich auf das Jonglier-Training zurückzuführen ist.

Dass anatomische Veränderungen im Gehirn aufgrund von äußeren Lern-Erfahrungen entstehen können, ist bisher nur im Tierreich, bei Säugetieren, nachgewiesen worden. Die vorliegende Studie belegt erstmals, dass solche Veränderungen im menschlichen Gehirn hervorgerufen werden können. (wsa040121dm1)

Autor: Doris Marszk
Quelle: Nature
Jänner 2004

http://www.wissenschaft-aktuell.de/cgi-bin/onchange/suchtest.pl?type=admin&Begri...#1741015579772

 

Aus dem Online-Standard
 

Jena/Regensburg - Forscher der Universitäten Regensburg und Jena haben erstmals ein Wachstum des Gehirns bei lernenden Erwachsenen nachgewiesen. Zuvor hätten Forscher nur herausgefunden, dass sich einzelne Zellen etwa nach Verletzungen neu bilden können, sagte der Co-Autor der Studie, Christian Gaser, am Mittwoch in Jena. Die Untersuchungen der deutschen Wissenschafter zeigten nun, dass die graue Masse im Gehirn während eines Lernprozesses wachse.

Die Forscher untersuchten die Gehirne von Erwachsenen während eines dreimonatigen Jonglier-Trainings. "Dabei beobachteten wir nicht nur ein Wachstum in zwei Regionen nach dem Jonglier-Training, sondern, nachdem drei Monate nicht trainiert worden war, auch einen Abfall in genau denselben Bereichen", sagte Gaser. Bisher sei die Forschung davon ausgegangen, dass
Gehirne von Erwachsenen nicht mehr größer würden, sondern sich mit zunehmendem Alter oder durch Krankheit zurückbildeten.

Messung: Die Wissenschafter wiesen das Gehirnwachstum mit Hilfe von Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahmen nach. MRT ist entfernt mit Röntgentechnik verwandt, arbeitet jedoch mit Magnetfeldern. Mit MRT erstellten die Forscher scheibchenweise sehr genaue Bilder von der grauen und weißen Gehirnsubstanz der Probanden. "Eine Software errechnete, dass der Anteil der grauen Masse nach dem Lernprozess anstieg", sagte Gaser. Ob
dieses Wachstum jedoch auf eine Vermehrung von grauen Zellkörpern oder aber von Stützzellen und Synapsen zurückzuführen sei, müssten weitere Tests von Zellforschern ergeben.

Das Forscherteam um Gaser von der Psychiatrischen Uniklinik Jena und Arne May von der Neurologischen Uniklinik Regensburg veröffentlicht seine Ergebnisse in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift "Nature".


(APA/dpa) Jänner 2004

Einen ausführlicher Bericht findet man unter:

http://www.innovations-report.de/html/berichte/biowissenschaften_chemie/bericht-24946.html

http://www.med.uni-jena.de/klinikmagazin/archiv/km104/kmonline/wifo.htm

 

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